(www.conservo.wordpress.com)
Von Peter Helmes
Wenn Macron Erfolg hat, könnte Frankreich endlich Jahrzehnte einer nur schwachen Wirtschaftsleistung hinter sich lassen. Das wäre eine gute Nachricht nicht allein für die Franzosen, sondern auch für Europas finanzielle Stabilität. Ebenso der Plan des Präsidenten, das Bündnis zwischen Frankreich und Deutschland zu stärken und die fiskale Integration der Eurozone voranzubringen – wenngleich eine stärkere französisch-deutsche Allianz weder der erste Schritt zu einer europäischen Armee noch zu einem EU-Machtzentrum sein sollte, das sich als Gegenstück zu den USA definiert.
Apropos USA: Die Situation in Frankreich jetzt erinnert an Obamas Start in den USA vor neun Jahren. Der Erfolg von Macron ist mit dem vergleichbar, was Barack Obama bei seinem ersten Wahlsieg erlebt hat. Auch Macron werden von den Wählern fast übernatürliche Kräfte und Möglichkeiten zugeschrieben. Von ihm wird beinahe erwartet, daß er zum Retter nicht nur Frankreichs, sondern auch Europas wird. Im seinem Fall wird sich aber viel schneller zeigen, was möglich ist und was nicht. Schon bei dem Versuch, den Arbeitsmarkt zu dynamisieren und Maßnahmen zu schaffen, die die unzufriedenen Arbeiter zufriedenstellen, kann Macron seine erste Niederlage erleben; solche Aufgaben waren bislang für alle französische Präsidenten am Beginn ihrer Amtszeit ein zu großes Projekt.
Mit seiner absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung verfügt Macron über eine geradezu unheimliche Machtfülle. Er startet mit überaus günstigen Voraussetzungen, um seine Reformagenda voranzutreiben. Diese muß er präzisieren; denn bisher ist sie über weite Strecken im Ungefähren geblieben. Und dann muß er die Bürger von sich und seinem Kurs überzeugen. Einen Vertrauensvorschuß hat Macron, ein Mandat zum „Durchregieren“ hat er allerdings nicht.Das Volk hat die Nase voll
Somit ist Macrons souveräner Wahlsieg für „La République en Marche“ glaubwürdig und aber auch schwierig zugleich. Glaubwürdig, weil die französischen Wähler wußten, was sie taten. Schwierig, weil viel zu viele Franzosen es traurigerweise nicht sinnvoll fanden abzustimmen, und viel zu viele sich in der neuen französischen Nationalversammlung nicht vertreten fühlen werden. Es ist nicht klar, was „das Volk“ will, aber es ist klar, daß es „von Denen da oben“ die Nase voll hat.
Die Beteiligung an der zweiten Runde der Parlamentswahl war historisch niedrig. Der Linke Jean-Luc Mélenchon sprach sogar von einem „Streik“ der Bürger. Macrons schwierigste Aufgabe dürfte es werden, das Vertrauen der französischen Wähler zurückzugewinnen. Macron, Premier Philippe und ihre Minister werden vermutlich schnell beginnen, ihre politischen Vorhaben umzusetzen, um das Momentum zu nutzen. In fünf Jahren werden die Wähler entscheiden, ob ihnen dies gelungen ist. Gelingt ihm das nicht, wird Marine Le Pen triumphal in den Elysée-Palast einziehen.
(siehe auch meinen ausführlichen Kommentar: https://www.conservo.blog/2017/06/11/frankreich-wahl-zur-nationalversammlung-macron-marschiert/)
Keine Kontrolle des Senats
Schauen wir ´mal etwas tiefer: Das Ergebnis bei der Parlamentswahl ist zwar eindrucksvoll, der Rückhalt für Macron aber nicht eindeutig. Weder kontrolliert er den Senat, noch ist klar, wie sich die neuen lokalen Abgeordneten im Parlament zu ihm verhalten würden.
Sein innenpolitisches Reformprogramm, das nicht populär sein dürfte, weil es den Franzosen Besitzstände nehmen wird, die sie für ehern und unverrückbar hielten, läßt sich so schnell nicht umsetzen..
Es gibt auch ein anderes Gesicht Frankreichs
Geradezu unrealistisch sind die Erwartungen, die weniger aus dem Inland als viel stärker bei den europäischen Nachbarn vorherrschen. Als ob Macron der neue Heilsbringer für Europa sein könnte! Man erwartet zu vieles von Macron. Es braucht vor allem Impulse für ein wirtschaftliches Wachstum, an dem alle teilhaben könnten. Zudem müßte es ein „Schutz- und Sicherheitssignal“ geben, bei dem äußere und innere Sicherheit verknüpft werden. Bis dahin ist noch ein weiter Weg.
Frankreich hat viele Probleme, die sich nur langfristig lösen lassen. So schnell ändert sich ein Land nicht. Es gibt viele Regionen, die ein anderes „Gesicht Frankreichs“ zeigen. Dort haben die Menschen Angst vor der Modernität, Angst vor der Globalisierung und vor der Zukunft. Und da herrscht große Perspektivlosigkeit. Die Menschen sind weniger gebildet und auch weniger erfolgreich, während die Anhängerschaft Macrons eher gut verdienend und gebildet ist.
Diese beiden Teile der Gesellschaft zu vereinen, ist eine große Aufgabe für Macron – und eine langfristige. Es wird dauern, und es braucht viel Kommunikation; denn Macron wird diesen Leuten zuhören müssen.
Ein ganz großes Problem kommt hinzu, über das man derzeit aus der Umgebung Macrons wenig hört: Vermutlich wird ihm schon bald seine islamfreundliche Haltung auf die Füße fallen; denn der islamistische Terror wird (verstärkt) weitergehen.
Also, der neue Präsident hat genügend Probleme zu lösen. Wünschen wir ihm Glück! Finanziell wird Merkel-Deutschland ganz sicher seine Unterstützung dazu beitragen.