von Peter Helmes
Mit einem Vorwort und Zwischentexten von Michael Mannheimer (MM)
Ältere Leser dürften sich noch an die “Soldaten-sind-Mörder”-Kampagne seitens der „68er“, der Grünen und sonstiger Friedens”-Aktivisten in den 70er Jahren erinnern. Diese Parole erhitzte die Gemüter und Debatten in Westdeutschland und war über Jahre DAS politische Thema – während gleichzeitig die massive Aufrüstung der DDR von denselben westdeutschen Linken und “Friedens”-Bewegten keines Wortes bedacht wurde. Besonders in den damals schon linken oder bereits erkennbar nach links abdriftenden Medien wie SPIEGEL und STERN wurde das von Tucholsky stammende Zitat “Soldaten sind Mörder” publizistisch wohlwollend begleitet. Klagen der Bundeswehr oder konservativer Politiker (Strauß) gegen Verbände und Magazine, die sich dieses Slogans bedienten und verbreiteten, wurden abgewiesen oder verloren. 1992 hatte sich das Bundesverfassungsgericht mit einer Abwandlung des Tucholsky-Zitats zu befassen. Es hob ein früheres Urteil gegen das Satiremagazin Titanic auf, das den Namen eines behinderten Reserveoffiziers mit dem Zusatz „geb. Mörder“ versehen hatte. Nun sitzen diese ehemaligen Friedensaktivisten heute auf hohen politischen und juristischen Posten, von wo aus sie den Abbau der Bundeswehr zu einer Rudiment-Armee weiterhin betrieben und das bis heute tun.
Die Bundeswehr wurde nach 1990 über 50 Prozent verkleinert und hat gerade mal 182.704 (August 2014) Soldaten, während wirtschaftlich marode Staaten wie Nordkorea (1,15 Mio. Soldaten, 24, 9 Mio Einwohner ), Pakistan (1,006 Mio. Soldaten, 182 Mio. Einwohner), Russland (1,207 Mio. Soldaten, 143,6 Mio. Einwohner) sich dagegen geradezu riesige Heere leisten. Nicht die Bundeswehr ist marode, sondern der pseudopazifistische Zeitgeist der RotGrünen ist es, der zu den maroden Verhältnissen der Bundeswehr geführt hat, die heute von genau diesen Pseudopazifisten scheinheilig bejammert wird. Man erinnere sich: Ausgerechnet die Grünen, Inbegriff und Sammelpunkt der Friedensbewegung der 70er Jahre (“Frieden schaffen ohne Waffen”), führten das Nachkriegsdeutschland unter Joschka Fischer in seinen ersten Krieg auf dem Balkan.(MM)*)
Hoch-Zeit für die deutschen Medien! Sie haben ein neues Beißer-Thema, die Bundeswehr. Die Gazetten überschlagen sich bei dem Versuch, Mängel aufzuzeigen. Findet der eine ein fehlendes Schräubchen, weiß der andere von falschen Ersatzteilen, liegengebliebenen Panzern und falsch schießenden Gewehren zu schwadronieren. Da kann man herrlich drüber schreiben. Die nötigen Recherchen sind nicht schwierig, ein bißchen telefonieren reicht. Die Debatte über die Bundeswehr ist kränker als die Armee selbst, weil kurzsichtig und oberflächlich. Viel nachzudenken braucht man nicht. Eher schreibt man gegenseitig voneinander ab.
Schon klar, die Liste der Mängel, Fehler und Versäumnisse ist schier unendlich. Wenn das alles wäre! Ist´s aber nicht! Viel anstrengender wäre es, sich mit den Gründen und Ursachen der Fehlentwicklung auseinanderzusetzen. Denn Materialmängel und –Fehler begleiten die Bundeswehr seit ihrer Gründung. Als ich anfangs der 1960er Jahre diente („Technische Truppe“), hatten wir gerade die SPIEGEL-Affaire hinter uns („Bedingt abwehrbereit“) – „ein Abgrund von Landesverrat“ – und jeder „Spieß“ konnte ein Lied davon singen, was alles nicht lief oder fehlte. Geändert hat sich bis heute kaum etwas, unter fast jedem Verteidigungsminister verschlechterte sich die Lage.
Von Weicheiern und Warmduschern
Es ist also wohl eher ein Selbstverständnis- und Strukturproblem denn einzelmenschliches Versagen (das aber auch). Man sollte also sehr bald – es ist fünf nach zwölf – schonungslos die Ursachen erforschen und ein Gesamtkonzept erarbeiten, um die Probleme vom kranken Kopf wieder auf gesunde Füße zu stellen; denn der Fisch stinkt vom Kopf. Deshalb trifft einen Hauptvorwurf zunächst Bundesverteidigungsministerin von der Leyen. Sie hat zwar nicht die Fehler der Vergangenheit zu verantworten, aber – kaum im Amt – einen völlig falschen Weg beschritten:
Ihre Ideen kreisen vornehmlich um „weiche“ Themen, die den Soldaten den Dienst leichter und für allerlei Randgruppen attraktiver machen sollten. Themen wie Arbeitszeitverkürzung, Teilzeit, Heimarbeit, Einführung von Kitas und Flachbildschirmen in den Kasernen, Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit der Soldaten, weitere Stärkung der Rolle der Frau im allgemeinen und des Genderwahns im besonderen usw… Der Ministerin Leitmotiv klingt verflixt nach „Bundeswehr als Kuschelzoo“. Auf der Hardthöhe grummeln die Altgedienten: „Die Ministerin verpaßt uns mit dieser Agenda das Image von Weicheiern und Warmduschern.“ Nein, es hilft nichts: Die Bundeswehr ist eine Streitmacht, in der man schießen und töten lernen muß, will man nicht selbst erschossen werden.
Hier einige Gedanken, die zu einer Generalrevision gehören müßten:
- Prioritätenrangfolge: Zuerst kommen die Bestandsaufnahme – also eine Generalinventur – dann die Reparatur und danach erst die Soft-Themen
- „Die Bundeswehr“ ist ein Begriff für zwei verschiedene Dinge: Zum einen ist da der Faktor Mensch, das sind die Soldaten. Sie sind die Gekniffenen des desolaten Zustands – in der Gesellschaft kaum respektiert, häufig beschimpft, ohne (oder mit falschem) Material und desillusioniert. Dann gibt es die Organisation Bundeswehr, also den Apparat. Von der Leyen sieht diesen Apparat eher als Unternehmen, das aber ist ein Irrweg. Es gibt unzählige Führungsebenen, die sich manchmal im Weg stehen. Und es ist kein Unternehmen des Profit-Denkens, sondern der Verteidigung und des (notfalls) Opferns von Menschenleben. Was hat das mit „Unternehmen“ zu tun? Es gibt (soll geben!) „Befehl und Gehorsam“, also keine echte Mitbestimmung, will heißen, über einen Einsatz kann ich nicht demokratisch abstimmen, keine Mehrheitsbeschlüsse herbeiführen lassen. Und man schickt „die Mitarbeiter“ zum Töten. Das aber tut kein „Unternehmen“.
„Dienst nach Vorschriften“
- Das Materialwesen krankt an einem Wust von Dienstvorschriften. Beamte entscheiden häufig über Material „nach Vorschrift“, obwohl sie bar jeder Sachkenntnis scheinen. Auch die Ablauforganisation krankt: Auf 1 Soldaten im Auslandseinsatz kommen rund dreißig Soldaten und Verwaltungskräfte, die für sie zuständig sind (Ausbildung, Ausrüstung, Verpflegung, ärztl. Versorgung, Transport) – ein irre hoher Betreuungsschlüssel, der einmalig in der Welt sein dürfte
- Politik und Gesellschaft machen sich einen schlanken Fuß: Seit Jahrzehnten werden die Mittel gekürzt, Personalbestand reduziert und so getan, als sei die Bundeswehr ein eher lästiges Übel. Aber es wird natürlich erwartet, daß sie im Ernstfall „voll einsatzbereit“ ist. In der übrigen Zeit wird sie gnädig als technisches Hilfswerk behandelt, das bei Unfällen und Naturkatastrophen zum Einsatz kommt. Wer das Kampfmaterial so verwaltet und bevorratet wie eine Fahrrad-Reparaturwerkstatt, darf sich nicht wundern, daß das Gerät immer mehr veraltet. Demnächst kriegen die Soldaten statt eines funktionierenden G36 wohl ein paar Dosen Pfefferspray – mit Verwendungsanleitung nach HDv (Heeresdienstvorschrift). Fazit: Es wird mehr improvisiert als vernünftig investiert. Das nennt man dann im Verteidigungsministerium „Dynamisches Verfügbarkeitsmanagement“ – ein progressiver Titel für eine Rückwärtsentwicklung
- Nach einer Faustregel müßten Staaten idealerweise 30 Prozent ihres Wehretats aufwenden, um eine Armee modern zu halten. In Deutschland waren dies nach den Nato-Kriterien im Jahre 2013 aber gerade mal 16 Prozent gewesen.
- Der linksgrüne Zeitgeist hat es – unter Duldung der Union – zugelassen, daß wir nur „ein bißchen Bundeswehr“ und also nur „ein bißchen Verteidigungskraft“ haben. Und es ist kein Witz, sondern ein Skandal, daß jetzt Rote, Grüne und Linkskommunisten laut rufen „Skandal, Mängel bei der Bundeswehr!“ – ausgerechnet die, deren Parteiziel stets die Zersetzung der Wehrkraft war! Wir haben keinen äußeren Feind mehr. Deutschland scheint nur noch eine Gefahr zu kennen: „Der Feind steht rechts“ – die übliche Nazikeule. Wer das anders sieht und widerspricht, spielt mit dem Volksverhetzungsparagraphen.
Soldaten sind „Mörder“
- Es fehlt eine innere Orientierung der Bundeswehr. Diese Orientierungslosigkeit begann mit der „Wende“ 1989. Der Feind war (vermeintlich) abhandengekommen, Deutschland nur noch von Freunden und Verbündeten umgeben. Die Soldaten waren einfach nur noch lästig, weshalb wir auch heiteren Gemütes die Wehrpflicht abschafften. Nach wie vor ungeklärt seit der Wende ist der Auftrag der Bundeswehr. Wenn schon nicht zur Verteidigung ausreichend gerüstet, dann als Hilfs- und Einsatztruppe für Malaisen in der Dritten Welt geeignet???
- Das „Bild des Soldaten“, das sich diese Republik erlaubt, ist skandalös. In allen Gesellschaften sind Soldaten geachtete Bürger, bei uns dürfen sie „Mörder“ genannt werden. Tragen sie „draußen“ Uniform, riskieren sie, angepöbelt, bespuckt oder angegriffen zu werden. Das Schweigen „der Politik“ dazu ist beschämend. Dazu gehört auch der „Blick zurück“. Wenn deutsche Soldaten ständig mit der Auschwitzkeule bedroht und die Niederlage von rd. 12 Millionen deutscher Soldaten von Linken und sogar von einem Bundespräsidenten (von Weizsäcker) als „Befreiung“ bezeichnet wird, ist was faul im Staate.
- “Die Erde soll voll Menschen sein, die Stein in Brot verwandeln. Es ist nicht schön, Soldat zu sein, wer schießt, kann nicht verhandeln. Wir machen mit der Rüstung Schluss, es gibt nur ein Gebot: Wir müssen Frieden schaffen, Frieden schaffen ohne Waffen!” Der Menschenbegriff vieler Friedensaktivisten entspricht ziemlich genau dem Text, der aus einem Kindergarten stammen könnte, jedoch dem Blog der Sozialistischen Jugend “Rote Falken Schwerin” entnommen wurde. Diese “Friede-Freude-Eierkuchen”-Mentalität hoffnungslosen Idealisten – wie oben zu sehen – hat vmtl. mehr Menschen das Leben gekostet als alle Kriege zusammengenommen. Appeaser haben Kriege oft erst möglich gemacht. Das wussten bereits die Römer, die ihre jahrhundertelange und selbst von “Barbaren” bewunderte “Pax Romana” nicht mit Kinderliedchen-Singen, sondern mit militärischer Härte und ständiger Kampfbereitschaft aufrecht hielten. “Si vis pacem, prepare bellum!”Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor! (MM)
- Viele Gutachten und nahezu die gesamte militärische Führungsriege der Bundeswehr kommen zu dem Ergebnis, daß der Faktor Frau, vorsichtig ausgedrückt, der Stärke der Bundeswehr eher schadet. Keine Reaktion – die Feminisierung des Militärs geht munter weiter.
- Die aktuelle Situation kann niemanden überraschen, auch wenn man über längere Zeit versucht hat, sie zu vertuschen. Es fehlt derzeit offensichtlich am politischen Willen, die Situation schnell zu ändern – wobei sich alle Fachleute einig sind, daß „schnell“ nicht von heute auf morgen, sondern viele Jahre bedeutet. In diesem Punkt reagiert die Ministerin augenscheinlich nach dem Motto: „Es gibt viel zu tun. Lassen wir´s liegen!“ Aber wenn man eine Bundeswehr hat, kann man nicht so tun, als koste sie nichts.
- Bereits vor Jahren hat Deutschland zugesagt, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. In der Realität sind es aber gerade mal 1,29 Prozent. Damit liegen wir liegen an 14. Stelle in der Nato. Und niemand scheint das als blamabel anzusehen.
Als PR-Model unschlagbar
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) macht das, was sie am besten kann – posieren vor den Kameras und die Lage schönreden. Sie bestellt die führenden Militärs zum Rapport, obwohl diese in bisher nicht erlebter Klarheit schon längst Klartext gesprochen haben. Der (ehemalige) Wehrbeauftragte Reinhold Robbe: „Die deutschen Streitkräfte sind in einem katastrophalen Zustand, ihre Einsatzfähigkeit ist stark reduziert…“
„Flinten-Uschi“, wie die Ministerin auf der Bonner Hardthöhe scherzhaft genannt wird, spielt jedoch die Siamesischen Affen: Ich sehe nix, ich höre nix, ich sage nichts – außer den bekannten Sprüchen à la „die Bundeswehr ist hoch leistungsfähig“ oder „der Ausfall der Hubschrauber hat keine Auswirkungen auf die ´Operation Atlanta`“ etc. Ins Bild paßt, daß sie zu ihrer Inspektion der Truppe am Horn von Afrika (Somalia) vor allem Journalist_Innen der Regenbogenpresse (Frauen- und Glamourzeitschriften) mitnahm. Sie wolle „die Bundeswehr anders erzählen“ – ein attraktives Unternehmen mit schönen Verdienst- und Weiterbildungsmöglichkeiten, und dazu noch familienfreundlich. Die Frau ist als PR-Model einfach unschlagbar!
Armes Deutschland! Du hast die Verteidigung, die Du verdienst!
P.S.: Soeben erhalte ich den Entwurf einer neuen HDv von meinem Kontaktmann auf der Hardthöhe. Kurzfassung: „Material, das nicht funktioniert – z. B. Gewehre, die nicht richtig schießen – bleibt bei Einsätzen in der Kaserne. Die Soldaten tragen stattdessen ein Lachen, genauer, ein entwaffnendes Lächeln im Gesicht, das den Gegner überrumpelt und Munition spart!“ Diese neue HDv erhält die Ordnungs-Nr. 4711. Na bitte, es geht doch!