(www.conservo.wordpress.com)
Von Nicolaus Fest *)
Zugfahrt, Zeitungslektüre, und wie fast immer ein Stück über Robert Habeck. Im bürgerlichen Leben sei der Grünen-Chef Schriftsteller, heißt es, und da ich nicht bewandert bin im Werk Robert Habecks, google ich ihn.
Habeck, so Wikipedia, schreibt und veröffentlicht seine Bücher zusammen mit seiner Frau Andrea Paluch. Das sei – O-Ton Habeck – „eine bewusste Entscheidung für einen gemeinsamen Lebensentwurf“. Ein bemerkenswerter Satz, eine Essenz des Zeitgeists in wenigen Worten. „Bewusste Entscheidung“ und „gemeinsam“ und „Lebensentwurf“. Die Autorenschaft als paritätische, gender-equilibrierte Veranstaltung, und als „Entwurf“ immer unfertig, ein dynamischer Prozeß, an dem man arbeiten muss, so von gleich zu gleich. Und „bewusst“ klingt auch gut, man hat sich nicht treiben lassen, sondern die Sache in die Hand genommen, aktiv geregelt. Jede Unternehmensfusion kennt dieselbe Prosa der Verlogenheit, “bewusste Entscheidung für eine gemeinsame Zukunft”. Kein Schriftsteller, der etwas auf sich hält, auf Form und Ausdruck, würde solch einen Satz veröffentlichen.
Und er würde auch nicht die Sprache aus der Hand geben, mit einem anderen teilen. Flaubert bekannte, tagelang schreiend durch die Wohnung gelaufen zu sein auf der Suche nach dem einen richtigen Wort. In den Manuskripten fast aller großen Autoren finden sich immer neue Überarbeitungen, Streichungen, Ergänzungen. Oft nur ein Wort, dann ein anderes, dann wieder zurück, ein vorsichtiges Tasten und Suchen. Es geht um Tempo, Rhythmus, Klang, Struktur, es geht um den perfekten Satz, und das bei jedem Satz. Bei Habeck geht es um den gemeinsamen Lebensentwurf.
Das ist emotional anrührend, taugt aber nicht für Schriftstellerei. Jenseits von Reise-, Koch- und Kinderbüchern, die in der Regel keine allzu hohen Anforderungen an Sprache und Struktur stellen, scheinen solche Arbeitsteilungen immer fragwürdig. Doch muss ich einräumen, Fruttero und Lucentini nie gelesen zu haben, und die Brüder Goncourt waren eben Brüder und möglicherweise gleichermaßen begabt. Doch dürfte Herr Habeck seine Frau aus anderen als Gründen literarischer Parität geehelicht haben. Was also sagt die gemeinsame Autorenschaft mit seiner Frau über sein Selbstverständnis als Schriftsteller?
Es sagt, dass er kein Schriftsteller ist, sondern ein Blender. Einer, der sich den Mantel der Schriftstellerei nur deshalb umhängt, weil der Beruf des “Schriftstellers” intellektuell wirkt und irgendwie kreativ, gebildet, sexy. Es sagt, und das zeigt die Plattitüde von der “bewussten Entscheidung für einen gemeinsamen Lebensentwurf”, dass seine sprachliche Sensibilität kaum über die eines Freilandhuhns hinausgeht. Es sagt, dass die deutschen Journalisten ebenfalls keine Ahnung von literarischer Qualität haben und jede Behauptung gläubig nachbeten, wenn sie nur von Grünen kommt. Und es sagt, dass Herr Habeck weder die Schriftstellerei ernstnimmt, noch die Ehe, noch sich selbst. Kurzum: Der richtige Mann für grüne Politik.