(www.conservo.wordpress.com)
von altmod *)
Auch eine deutsche Schande
Zum Krieg um Bergkarabach erschien hier, auf conservo, ein wichtiger und lesenswerter Artikel, in dem – könnte man meinen – alles gesagt wurde über den neuen Genozid an Armeniern. Albrecht Künstle hat in seinen Beiträgen das Wesentliche über diesen Konflikt zusammengestellt, und man wünscht sich eine weite Verbreitung seiner Beiträge.
Was jeden von uns erneut aufrütteln sollte, ist die Resonanz – oder genauer gesagt, das Totschweigen dieser neuen Tragödie des armenischen Volks – durch die deutsche Regierung, die EU, die Medien und die christlichen „Amtskirchen“.Ich erhalte wunschgemäß regelmäßig den „Newsletter“ des Zentralrats der Armenier in Deutschland.
Ich erlaube mir, auf den jüngsten Brief/Pressemitteilung des Zentralrats der Armenier in Deutschland e.V. hier an dieser Stelle zu erinnern, den Peter Helmes bereits am 2.11. auf conservo veröffentlicht hat und den ich nochmals zur Lektüre empfehle: https://www.conservo.blog/2020/11/02/armenien-aserbaidschan-bergkarabach-eine-region-die-deutschland-durchaus-angeht/
Diese Pressemitteilung hat gewiss die Regierungsstellen in Berlin und Brüssel und alle Medien erreicht. Die „normative Kraft des Faktischen“ hat inzwischen dieses Aufbegehren des Zentralrats der Armenier jedoch ad absurdum geführt.
Bergkarabach wird durch das Eingreifen des türkischen Staats auf Seiten Aserbaidschans „christenfrei“, und es wurde durchaus ein neuer Genozid eingeleitet.
Die Rolle, welche Russland mit seinem Präsidenten Putin dabei spielte, erscheint uns dabei kläglich, indem man sich nun zum Hüter eines fragilen und fragwürdigen Waffenstillstands in seiner erklärten Einflusszone machte. Russland mit seinen neuen Supermachtambitionen unter Putin erweist sich in der dortigen Region mit seinen multiethnischen Strukturen und Grenzzone des „Clash of Civilization“ als ein Papiertiger. Das kommt davon, meine ich, wenn man der Illusion alter Größe und Macht anhängen möchte und die Zeichen der Zeit – da sind vor allem der aggressive Charakter muslimischer Strategien und die eigenen geopolitischen Trugschlüsse – nicht mehr erkennt.
Noch kläglicher – ja regelrecht schäbig – ist das Verhalten der deutschen Regierung und der EU-Bürokratie. Kein Wort über die Vertreibung und Ermordung tausender Armenier durch von der Türkei gesponserte islamistische Söldner und Terrorbrigaden. Uns erscheint ja inzwischen dieses „Nie wieder!“, die propagierte „Staatsräson“ – u.a. in dem Fall des Schutzes von Juden – ohnehin als wahrhaft verlogen. Der deutsche Außenminister, der angeblich „wegen Auschwitz“ in die Politik gegangen ist, agiert mit dröhnendem Schweigen in diesem Konflikt. Die bundesdeutsche Politik war und ist ja, wenn es um Muslime versus Juden oder Christen ging und geht, schon je auf der Seite der Feinde unserer Kultur und Lebensart.
Henryk M. Broder hat es in einem Beitrag diese Woche treffend ausgedrückt, wie schäbig und schämenswert dieses Verhalten ist und spricht gar von einem Alptraum in seiner Empfindung – und wie treffend: dass dieses Ereignis den Deutschen an „ihren verfetteten Ärschen vorbei geht“.
Wie wahr!
Von Henryk Broder darf ich ganz bestimmt annehmen, dass er Franz Werfel gelesen hat. Für jeden gebildeten Deutschen gehören die Werke von Werfel in den Kanon bedeutender deutscher Literatur, und besonders der Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“, in dem der Völkermord an den Armeniern und der armenische Widerstand auf dem Berg Musa Dağı aufgezeigt wird. Ich sehe die Notwendigkeit einer über die jüdische Rezeption hinausgehenden, neuerlichen Befassung aller gebildeten Deutschen und christlichen Europäer mit diesem Roman bzw. mit dessen Gegenstand. Aber auch hier wird man mit Schweigen rechnen müssen. Auch das „Feuilleton“ wird sich mit „Wichtigerem“ befassen wollen.