Von Peter Helmes
*) Diesen Grundsatz aus der hippokratischen Tradition lernt jeder Medizinstudent, und jeder Arzt handelt danach (im Original:
primum non nocere,
secundum cavere,
tertium sanare“).
So sollte es jedenfalls sein.
Aber keine Ausnahme von der Regel. Der der halben Menschheit als medizinischer Großlautsprecher bekannte Dr. Karl Lauterbach hat vernehmbar ein etwas anderes Latein verinnerlicht – frei nach Pons:
Primum blaterare (schwatzen),
secundum fabulare (fantasievoll erzählen; Geschichten erfinden),
tertium garrire (zwitschern).
Und so zwitschert er ungebremst los – zu jedem Thema, zu dem ihm ein Mikrophon hingehalten wird, und verwechselt immer wieder Omnipräsenz mit Omnipotenz.
Die für jeden griffigen Sprachschrott dankbare Medienmeute stürzt sich auf die Lauterbacher Worte, als ob sie ewigen Ruhm im Medizin-Walhall versprächen. Mehr Distanz zu diesem Spruchbeutel wäre aber angebracht und angemessener.
Leider vergißt der nicht praktizierende Medizinmann das, was ihm eine fundierte ärztliche Praxis gewiß beigebracht hätte:
Zuerst gilt die Pflicht, den Mitmenschen (den Patienten erst recht) nicht zu schaden. Nicht nur im Handeln, sondern auch im Reden sollte man stets prüfen, ob die Aussagen einem Nächsten nichts antun oder ihn verletzen. Und auch hier gilt: Gut gemeint reicht nicht; gut gemacht ist besser.
Unser Prof. Karl, der Laute, plappert aber ohne Ansehen der Person los. Ob er Ängste, Fragen oder Unsicherheiten auslöst, diese Frage scheint ihn nicht zu berühren. Lauterbach, die Sprachmaschine, dampft los und malt jedes denkbare medizinische Menetekel an die Wand.
Mit medizinischer Verantwortung ist dieses Verhalten nur schwer in Einklang zu bringen.
Ganz anders medizinische Kollegen von Lauterbach: 36 Ärzte haben einen Offenen Brief an den SPD-Politiker geschrieben, in dem sie ihm Panikmache bei der Diskussion um Corona vorwerfen. Der Wortlaut dieses Briefes wurde in der Zeitschrift „1 bis 19“ und auf Twitter veröffentlicht (Offener Ärztebrief an Karl Lauterbach – 1bis19 – Magazin für demokratische Kultur). Hier der Inhalt:
„Offener Ärztebrief an Karl Lauterbach
Herrn Abgeordneten Dr. Karl Lauterbach
Deutscher Bundestag Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Berlin, 29. März 2021
Offener Brief: Trennung der Arzt-Rolle von Ihrer politischen Betätigung
Sehr geehrter Herr Dr. Lauterbach,
als Politiker der Regierungskoalition sind Sie prominenter Unterstützer von deren Corona-Politik. Immer wieder treten Sie mit extremen Meinungsbekundungen im Zusammenhang mit SARS-CoV2-Infektionen auf. Dabei nehmen Sie zumindest billigend in Kauf, in der Bevölkerung den Irrtum auszulösen, Ihre Äußerungen gründeten auf Ihrer ärztlichen Kompetenz oder auf ärztlicher Verpflichtung gegenüber dem Allgemeinwohl. Beispielhaft hierfür ist Ihr Tweet vom 26.3.21. (Anmerkung der Redaktion: Der Text des Tweets ist unten nachzulesen.)
“Viele 40-80 Jährige werden einen Moment Unachtsamkeit mit dem Tod oder Invalidität bezahlen. Junge Männer werden von Sportlern zu Lungenkranken mit Potenzproblemen…”
Wir Unterzeichner stellen klar, dass diese Äußerung von Ihnen, wie eine überwältigende Vielzahl zuvor
dem medizinischen Kenntnisstand sowie
der ärztlichen Berufserfahrung widerspricht und
sich in derartig sinnentstellender Überzogenheit als Warnung eines Arztes an
ratsuchende Menschen kategorisch verbietet.
Unbeschadet aller zulässigen Differenzen bei der Kommunikation des Kenntnisstandes gilt für Ärzte: primum non nocere. Es ist unsere grundlegende Berufspflicht, bei jeglichem Handeln gegenüber Patienten zusätzlichen Schaden für diese zu vermeiden.
Bei Ihren oben dargelegten Äußerungen überwiegt jedoch vor jedem Informationsgehalt das Schüren irrationaler und extremer Angst. Damit sind diese Äußerungen geeignet, einer Vielzahl von Menschen psychisch wie mittelbar somatisch schweren gesundheitlichen Schaden zuzufügen.
Wir fordern Sie daher höflich auf, Ihre politische Betätigung künftig für die Öffentlichkeit deutlich erkennbar von Ihrer Berufszulassung als Arzt zu trennen.
Mit freundlichen Grüßen…“
(Es folgen die Namen der Unterzeichner und deren Berufsbezeichnungen).
—
Hier der Text des im Schreiben erwähnten Lauterbach-Tweets:
Karl Lauterbach
@Karl_Lauterbach
(3) Viele 40-80 Jährige werden einen Moment der Unachtsamkeit mit dem Tod oder Invalidität bezahlen. Junge Männer werden von Sportlern zu Lungenkranken mit Potenzproblemen. Frauen leiden oft unter chronischem Erschöpfungssyndrom oder Tinnitus.
Das hört niemand gern ist aber so
(aus Twitter Screenshot vom 27.3.2021)
Ob der Herr Professor diese Warnung beherzigt? Wir werden sehen – oder eher: von ihm hören.
www.conservo.wordpress.com 1.4.2021