“Militärische Sonderoperation”: Der Lebensraum im Westen und das “Unternehmen Barbarossa”

Michael van Laack

Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich diesen Artikel schreiben und veröffentlichen sollte, weshalb er auch nicht am Jahrestag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion erscheint, sondern am Morgen danach. Denn in diesen Tagen wird man von gewissen Kreisen rasch als Nazi und von anderen als Kriegstreiber verschrien, wenn man auch nur die leiseste Kritik an dem übt, was Wladimir Putin dreist eine “militärische Sonderoperation” nennt, in Wirklichkeit aber einen brutalen Angriffskrieg darstellt mit dem Endziel, die Ukraine von der Landkarte zu tilgen und das ukrainische Volk entweder zu töten, umzuerziehen oder zu versklaven.

Hitler wollte Lebensraum im Osten erobern. So kündigte er es bereits Jahre vor seiner Machtergreifung in “Mein Kampf” an. Hätten mehr Menschen mit Sachverstand dieses Buch seinerzeit gelesen und verinnerlicht. wäre der Welt zweifellos der 2. Weltkrieg erspart geblieben. Zumindest in diesem Umfang und von Deutschland begonnen.

“Mein Kampf” hätte Pflichtlektüre der Siegermächte sein müssen

Denn auch vieles andere, was Hitler umsetzte, fand sich in diesem Machwerk. Niemals hätten die Siegermächte des Ersten Weltkrieges dem Deutschen Reich erlaubt, sich wiederzubewaffnen; niemals hätte man Hitler gestattet, das Saarland und Österreich einzuverleiben, das Sudetenland zu besetzen und die Resttschechei zu zerschlagen, sodass er zu dem Schluss kommen musste, der Überfall auf Polen werde von den feigen Mächten auch noch geschluckt. Niemals, sage ich, wenn in den Machtzentren der damaligen westlichen Wertegemeinschaft verstanden worden wäre, wie besessen Hitler von seinen Zielen war. Appeasement-Politik ihm gegenüber hätte es also nie gegeben.

Putins Lebensraum im Westen

Putin giert es auch nach neuem Lebensraum. er sagt das so nicht direkt und auch in den deutschen Medien und dem politischen Establishment des heutigen freien Westens ist das noch nicht angekommen. Hier glaubt man noch, Putin könne lediglich nicht ertragen, dass an seiner Westgrenze eine starke Demokratie entstehen könnte, deren wirtschaftliche und andere Erfolge so hell strahlen würden, dass dies Auswirkungen auf seine Macht (sein beinahe absolutistisches System) haben könnte; dass die Russen aus seiner Sicht) mit dem Virus der Demokratie infiziert werden könnten und dieses “Gift” seinen politischen Tod herbeiführen würde.

Schon vor mehr als einem Jahrzehnt bezeichnete Putin den Zusammenbruch der Sowjetunion als die “größte geopolitische Katastrophe des vergangenen Jahrhunderts”. Putins “Mein Kampf” ist kein Buch, sondern niedergelegt in zwei Entwürfen zu Sicherheitsabkommen, di er im Dezember 2021 veröffentlichen ließ. Seine Vision ist der Rückzug der NATO aus allen Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts. Denn er will sie alle wieder unter seine Kontrolle bringen, wenn möglich ohne Waffengewalt, wenn nötig mit Waffengewalt. Letzteres allerdings erst dann, wenn die NATO die Staaten wieder frei gibt, sie also “neutral” geworden wären.

Es ging und geht immer um Rohstoffe

Um neuen Lebensraum im Westen zu schaffen, geht der russische Präsident also ein wenig klüger vor (oder versucht es zumindest) als Adolf Hitler, dem es überhaupt nicht in den Sinn gekommen wäre, auf diese Weise seine Ostpolitik zu gestalten. Für ihn gab es nur Waffengewalt und Nichtangriffspakte.

Beim „Unternehmen Barbarossa“ ging es aber nicht allein um rücksichtslos zu eroberndem Lebensraum und – wie im Falle Putins in der Ukraine – um die Tötung, Umerziehung oder Versklavung des russischen Volkes. Hitler brauchte den russischen Boden, um den Krieg an anderen – auch an zu diesem Zeitpunkt noch nicht eröffneten aber am Kartentisch längst geplanten – Fronten eröffnen und stabil führen zu können. Er brauchte Rohstoffe. Als der „Führer“ am 1. Juni 1942 im Hauptquartier der Heeresgruppe Süd verkündete »Wenn ich das Öl von Maikop und Grosny nicht bekomme, dann muss ich den Krieg liquidieren«, bezog er sich zwar primär auf die aktuelle Frontlage, sprach aber auch aus, worum es den Nazis in diesem Krieg primär ging: Öl, Kohle, Erze. Rohstoffe sind das “Lebenselixier” eines jeden Krieges. Sowohl für den Angreifer als auch den Verteidiger.

Putins etwas anderer Rohstoffkrieg

Heute führt Putin auch einen Rohstoffkrieg. Allerdings nicht um sondern mit den begehrten fossilen Gütern. Er hat genug “Lebenselixier” auf dem Boden des riesigen russischen Reiches. So viele, dass er sie zu zweierlei Zweck einsetzen kann. Zum Verkauf (Geld wird neben Rohstoffen zur Kriegsführung auch in großen Mengen benötigt) oder als Waffe gegen jene “feindlich gesinnten Staaten“, die ihm die Eroberung von Lebensraum und Einflusssphäre im Westen nicht durchgehen lassen wollen. So will er mittelfristig jene Staaten wirtschaftlich schwächen und politisch destabilisieren, damit sie seinen Plänen nicht länger im Weg stehen können.

Der Westen folgt noch immer dem Modell Chamberlain

Wie einst Hitler so giert auch Putin nach Blut und Boden, nach Lebensraum und Macht. Er hat es uns immer wieder gesagt. Nicht wie Hitler in einem Buch wie “Mein Kampf“, sondern in zahlreichen Reden und Vorträgen. Wie die Mächte des Westens in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts scheinen zumindest manche Regierungen (auch die deutsche) noch nicht wirklich begriffen zu haben, was auf dem Spiel steht. Nicht nur ein, zwei oder drei Länder. Menschen von Typos Hitler haben nur ein Ziel: Heute gehört mi XY und morgen die ganze Welt.

Sprechen wir endlich Putins Sprache

Wenn der Westen in den nächsten Monaten nicht in der einzigen Sprache mit Putin spricht, die er versteht – die der kompromisslosen Härte und Drohung – ist die Gefahr enorm, dass Europa einmal mehr in einem großen Krieg versinkt. Keinem atomaren, denn Putin ist nicht daran gelegen, über verseuchtes Gebiet zu herrschen oder nach dem Druck auf den Knopf sein eigenes Volk als zweites sterben zu sehen.

Er würde nach meiner festen Überzeugung ein weiterer konventioneller Krieg sein. Der lässt sich nur verhindern durch Kompromisslosigkeit, Härte und dosierten Drohungen. in der Geschichte haben sich Faschisten – die großen und die kleinen – von nichts anderes beeindrucken lassen. Wir können Putin nicht an den Verhandlungstisch zurückbomben, aber wir können ihm die Bomben und die Tische zeigen, in die sie einschlagen würden. und das sollten wir tun, wenn auch unsere Kinder und Enkel noch in einem friedlichen und sicheren Europa aufwachsen sollen. Nie wieder Faschismus!

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