Von Thomas Böhm
Und schon wieder wollen die Unverantwortlichen in der Regierung und im Bundestag an unser demokratisches Gewissen appellieren. Damit wir in Zukunft flotter zu Kreuze kriegen, möchten sie die Wahlen vereinfachen.
Lesen Sie selbst:
Gemeinsam für mehr Wahlbeteiligung! CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke und FDP haben nach gleichlautenden Medienberichten eine gemeinsame Initiative gegen sinkende Wahlbeteiligung gestartet…
…SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte bereits im vergangenen Jahr mit dem Vorschlag für Diskussionen gesorgt, auch in Supermärkten und Bahnhöfen Wahlurnen aufzustellen. Unionspolitiker hatten dafür plädiert, die Wahllokale zwei Stunden länger – also bis 20.00 Uhr – offen zu halten. (mopo.de/politik—wirtschaft/gemeinsame-initiative-gestartet-so-wollen-parteien-die-wahlbeteiligung-in-die-hoehe-treiben,5066858,30941082.html)
Das ist prima, weil es das Übel endlich an den Haarspitzen und nicht bei den Wurzeln packt. Das ist genau so clever, als wenn man einbruchssichere Fenster steuerlich begünstigt, statt die Grenzen gegenüber kriminellen Einbrecherbanden dicht macht.
Eine Wahlurne zwischen Bier und Schnaps klingt doch richtig lecker. JouWatch hat noch einige andere Vorschläge, wohin man das Stimmvieh treiben könnte:
Wählen auf öffentlichen Toiletten – Am besten gleich dort, wo auch das Klopapier entsorgt wird. Einen Unterschied macht das nicht.
Wählen im Puff – Die einen prostituieren sich im Kanzleramt für die Lobby, die anderen für die Freier. Das passt dann schon.
Wählen im Haifischbecken des städtischen Aquariums – Wer hier einen Fehler macht und sich etwa einmischt, bekommt die Konsequenzen gleich zu spüren.
Im Friseursalon – Eine wirklich lockere Atmosphäre. Aber Achtung, hier gibt es keine geheime Wahl. Die Variante wäre also nur etwas für „weltoffene“ GutmenschInnen.
Auf dem Friedhof – Hier könnte man eventuell noch einige widerspenstige Nichtwähler reanimieren und wenn das Wahlergebnis dann doch nicht den Erwartungen entspricht, würde sich die Friedhofskapelle für eine kleine Wahlparty als geeigneter Austragungsort erweisen.
Im Hühnerstall – Das gibt einen kleinen Vorgeschmack auf die Ereignisse im Bundestag nach der Wahl. Kommt dem Parlament, wenn dort über Diätenerhöhungen debattiert wird, atmosphärisch am nächsten. Da macht man doch aus lauter Freude gleich mal drei Kreuze.
Beim Schlachter – Das erspart allen viel Zeit, denn letztendlich wird das Stimmvieh, der Steuerzahler also, sowieso bluten müssen. Der Wähler kann also gleich da bleiben.
Im Spielcasino – Es gibt wohl keinen besseren Ort. Setzen Sie auf rot, verlieren Sie. Setzen Sie auf schwarz, ebenfalls. Vielleicht haben Sie ja beim Russisch Roulette eine Chance. Aber nur vielleicht.
Im Kreißsaal – Hier könnte man bereits den Frühgeburten auf die Qualen, die das demokratische Leben so mit sich bringt, vorbereiten.
In der Kanalisation – Eine hervorragende Location – denn hier fließen die Ergebnisse so mancher Abstimmung, Gesetzesvorlagen und Reden direkt an der Wahlurne vorbei.
Im Internet – damit Anonymous und andere ausländische Hacker endlich die Wahl manipulieren können und nicht mehr irgendwelche linksgrünen Wahlhelfer und damit die Amis in Zukunft nicht mehr so tun müssen, als würden sie sich entschuldigen wollen.
Im Jobcenter – Denn nirgendwo sonst spürt man die Folgen seiner Wahlentscheidung so direkt und intensiv wie hier. Außerdem könnte man endlich die Hartz IV-Empfänger dazu zwingen, ihr Kreuz an der richtigen Stelle zu machen. Demjenigen, der sich dennoch weiterhin weigert, sich der parlamentsdemokratischen Prozedur unterzuordnen, wird einfach das Taschengeld entzogen.
Man sieht, es gibt genügend Möglichkeiten, das Volk zu seinem Glück zu zwingen und wenn das alles nichts hilft, könnte man das Stimmvieh an die Ketten legen und in die Wahlkabine peitschen.
*) Der Berufsjournalist Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und ständiger Kolumnist bei conservo