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Zwei Fluchten über Bulgarien, die unterschiedlicher nicht sein könnten:
1978: Flucht von Christian R. (†) vereitelt // 2015: Mutmaßliche IS-Kämpfer in Bulgarien verhaftet
Politik und Medien lassen nichts unversucht, um die Fluchten von DDR-Bürgern (so 1989 über Ungarn) zu instrumentalisieren, wenn es um die aktuelle Flüchtlingsdebatte geht. Diese “Gleichstellung” verletzt die Gefühle ehemaliger politischer Flüchtlinge der DDR schon deshalb, weil es sich derzeit mehrheitlich nicht um politisch Verfolgte oder um Menschen aus Kriegsgebieten handelt, sondern um Menschen, die aus wirtschaftlicher Not und/oder anderen Beweggründen ihre Heimat verlassen.
Fallbeispiel 1 – 1978: Flucht von Christian R. †
Im Jahr 1978 versuchte Christian R., Mitarbeiter des Fernsehens der DDR, über Bulgarien in den Westen zu flüchten. Die Flucht wurde vereitelt. Wir waren eng befreundet. Von seinen Fluchtabsichten wusste ich nichts. Oft waren wir in Begleitung seiner Freundin unterwegs. Eine Verbindung seiner Freundin zur Staatssicherheit der DDR kann nicht ausgeschlossen werden.
Aus einer vorliegenden Karteikarte geht hervor: “R. Christian geb, xx.yy.53 wurde am 4.8.1978 in Bulgarien verhaftet. Das StG Berlin verurteilte ihn nach §§ 213(1),159,161 zu 1,10 Jahren. Berufung: 15.12.78…”
Nach der Entlassung aus der Haft wurde Christian R. in die Psychiatrie eingewiesen. Im Kontext des Aufenthaltes in der Psychiatrie soll Christian R. Selbstmord begangen haben. In einer Akte des Bundesarchives findet sich folgender Vermerk: “Er wurde Anfang 1980 in der Nervenklinik Herzberge behandelt und war spätestens in Mai 1980 wieder zu Hause. Am 16. Oktober 1980 hat Herr R. Selbstmord verübt. Nähere Angaben zu den Umständen seines Todes sind nicht vermerkt….” Die Umstände des Todes sind bis heute ungeklärt. Eine Aufarbeitung des Themas Zwangspsychiatrie in der DDR hat so gut wie nicht stattgefunden.
Dazu eine Erklärung der “Walter-von-Baeyer-Gesellschaft für Ethik in der Psychiatrie”, die an vielen Einzelfällen die Systematik des Psychiatriemissbrauchs in der DDR herausgearbeitet hat.
In einem von dieser Gesellschaft herausgegebenen Rundbrief 1/04 heisst es:
“Über all diese Vorgänge hat es eine breitere Diskussion hierzulande überhaupt noch nicht gegeben. Soweit die DDR betreffend, werden sie von den Fachleuten wie den Politikern, den linken wie den rechten, heruntergespielt oder glatt geleugnet….”
Und weiter wird ausgeführt:
“Verharmlosend waren die offiziellen Verlautbarungen zum Thema nach der Wende. Teilweise wirkten die staatlichen Nachuntersuchungen wie Alibi-Veranstaltungen. Die Aussage des Stasi-Obergutachters Prof. Ochernal, des Leiters der forensischen Psychiatrie an der Humboldt-Universität Berlin bis 1988, der 1991 im STERN sagte, er habe im Auftrag der Stasi jährlich 30-40 Gutachten erstellt – “die meisten Fälle waren politisch” – diese schaurige Aussage spielte Süß für die Gauck-Behörde in Ihrem Buch POLITISCH MISSBRAUCHT? (S. 69) ohne weitere Erklärung mit der Bemerkung herunter, sie sei ihm “von der Stern-Journalistin Uta Knig in den Mund gelegt worden.”
Dieser Fall steht exemplarisch für den Umgang mit Verfolgten und Flüchtlingen der DDR. Die Todesursache von Christian R. wurde in der Bundesrepublik nie aufgeklärt. Ein erschütterndes Beispiel für den Umgang mit Flüchtlingen der DDR. Die Glaubwürdigkeit derer, die heute in ihrer Rührseligkeit kaum zu übertreffen sind, hat das nicht gestärkt. Auch die Medien verweigerten beharrlich, sich des Themas “Zwangspsychiatrie in der DDR” anzunehmen.
Diese Flucht über Bulgarien macht bis heute betroffen.
Fallbeispiel 2 – 2015: Mutmaßliche IS-Kämpfer in Bulgarien verhaftet
Fünf mutmaßliche IS-Kämpfer wurden jetzt in Bulgarien gefasst, wie bulgarische Behörden am Mittwoch (2.9.) mitteilten. Die Festnahme erfolgte in der Nähe des Grenzüberganges Gyueshevo. (Quelle: bulgarischer Rundfunk NOVA TV)
(Vielleicht der Fluchtweg, den Christian R. in umgekehrter Richtung nutzen wollte. Hier treffen sich die so unterschiedlichen Fluchten mit einem Zeitabstand von 37 Jahren)
Das gefundene Beweismaterial weist auf einen Zusammenhang mit islamistischem Hintergrund hin. Sollte sich der Verdacht bestätigen, müssen die Schleusungen auch vor diesem Hintergrund gesehen werden – einer modernen Variante des Trojanischen Pferdes.
Diese Flucht über Bulgarien macht nicht betroffen – aber sie betrifft Europa.
Der “Sunday Express” titelt dazu:
“‘Just wait…’ Islamic State reveals it has smuggled THOUSANDS of extremists into Europe” und zitiert:
“It’s our dream that there should be a caliphate not only in Syria but in all the world and we will have it soon, God willing” (ISIS operative) / (Quelle: Sunday Express)
(Siehe auch meinen Beitrag “Eine Veröffentlichung der BBC wirft Fragen auf // 22. Mai 2015)