Eklat, Eklat!

(www.conservo.wordpress.com)

Von Thomas Böhm *)

Thomas Böhm
Thomas Böhm

Dem Journalismus, so wie ihn die Älteren noch kennen, droht der geistige Erstickungstod. Wir leben in Zeiten, in denen der Moderator im klimatisierten Studio mehr weiß, als der Korrespondent vor Ort, in denen ein Bild- und Tonausfall bei den Öffentlich-Rechtlichen mehr Informationen enthält, als alle Sondersendungen zusammen.

Die Medien sind ideologisch verrottet, der Worthülsenschatz der Sprachrohrspatzen ist auf homöopathische Größe geschrumpft, jeder mittelmäßig begabte Papagei hat uns mittlerweile mehr zu sagen, als ein gut bezahlter Redakteur der Mainstream-Presse.

Die permanent überforderten Journalisten sind „begriffsstutzig“ geworden, ihr politisch motivierter Tunnelblick läßt Fantasie und Kreativität keinen Raum mehr. Selbst die Leitartikel der hoch dekorierten Chef-Kommentatoren werden heutzutage überwiegend mit dem Einfaltspinsel geschrieben.

So kommt es, dass immer wieder dieselben Begriffe auftauchen, wenn es darum geht, uns die Komplexität der Ereignisse zu schildern.

Ein beliebter und in letzter Zeit sehr häufig gebrauchter Begriff ist das Wort „Eklat“. Eklat hier, Eklat da, Eklat überall.

Einige Beispiele:

Eklat bei der Welt: Matthias Matussek beschimpft Chefredakteur als „durchgeknallt“ und fliegt aus Konferenz… (http://meedia.de/2015/11/17/eklat-bei-der-welt-kolumnist-matthias-matussek-beschimpft-chefredakteur-als-durchgeknallt-und-fliegt-aus-konferenz/)

Eklat bei Demonstration in Berlin. AfD-Vize Alexander Gauland beschimpft Flüchtlinge… (http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/7580166/afd-vize-alexander-gauland-beschimpft-fluechtlinge.html)

Eklat bei Pegida-Demo: „Die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb“… (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/akif-pirincci-rede-bei-pegida-in-dresden-abgebrochen-a-1058589.html)

Moosburg: Nach Nazi-Eklat: CSU-Funktionär Welter zurückgetreten (http://www.idowa.de/inhalt.moosburg-nach-nazi-eklat-csu-funktionaer-welter-zurueckgetreten.84ddbec8-f481-4f5c-b459-edfca448500e.html)

Das haben wir auf „Wikipedia“ dazu gefunden:

„Ein Eklat [eˈklaː] (in der Schweiz auch Eclat, aus franz. éclat) ist ein im negativen Sinne aufsehenerregender Vorfall, der umgangssprachlich auch als Krach bezeichnet werden kann. Eklat wird auch im Sinne von „Aufsehen“ und Skandal benutzt.[1]

Der Begriff Eklat stammt aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und ist eine Entlehnung des im gleichen Sinne verwendeten französischen éclat, das eigentlich ein plötzliches lautes Geräusch, Knall, Glanz, Pracht oder auch einen Splitter, abgesprungenes Stück bezeichnet.

Während der Skandal oder die Affäre eine zeitlich länger andauernde Folge von Ereignissen oder Entwicklungen beschreibt, ist der Eklat tendenziell ein einmaliges Geschehen. Er kann allerdings ein Teilereignis oder der Höhepunkt innerhalb von skandalösen Vorgängen sein. Verwendet wird der Begriff gerne im Zusammenhang mit der Medienberichterstattung aus Politik und Parlamenten, aber auch Sportereignisse haben einen gewissen Hang, im Eklat zu enden. Führt ein politischer Skandal zu einem Eklat, müssen häufig Politiker ihr Amt aufgeben und zurücktreten…“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Eklat)

Der letzte Satz sollte uns aufhorchen lassen. Denn darum geht es den Journalisten. Der Begriff „Eklat“ wird in letzter Zeit allzu gerne dafür verwendet, um den politischen Gegner zu diskreditieren und in den Dornenbusch zu treiben. Ganz besonders häufig wird „Eklat“ im Zusammenhang mit Pegida verwendet, wobei wir dann schon bei der nächsten „Begriffsstutzigkeit“ angelangt sind.

Das Wort „Pegida“ muss mittlerweile für alles herhalten, was in die politisch nicht korrekte Mülltonne passt. „Pegida“ ist „Fremdenfeindlichkeit“, „Rassismus“, „Rattenfängertum“, „Nazis“, „Trunkenheit“, „Ewiggestrige“ und „Verbrechertum“, am liebsten aber alles zugleich.

Es ist halt einfacher, 20.000 besorgte Bürger in einen Sack zu stecken und blind drauf herum zu prügeln, statt sich inhaltlich mit dieser neuen Bewegung auseinanderzusetzen. Differenzierung war gestern, heute hat man dafür keine Zeit und keinen Platz mehr.

Natürlich wäre es fatal, wenn man diese Sprachwitzlosigkeit alleine auf die intellektuelle Hohlräumigkeit der Schreibtischtäter reduzieren würde. Nein, oftmals stecken auch politische Absichten dahinter. Das wird beim Dauerbrenner „Flüchtling“ ganz besonders deutlich.

In den meisten Medien sind mittlerweile die Begriffe „Asylant“, „Asylbewerber“, „Einwanderer“ und „Migrant“ spurlos verschwunden, jeder Dahergelaufene wird als „Flüchtling“ tituliert.

So haben es die Meinungshoheiten innerhalb kürzester Zeit geschafft, mit nur einem mitleiderregenden Begriff dem Bürger das schlechte Gewissen wieder einzureden, auf dass er willenlos sei, zahlt und ansonsten seine Klappe hält.

Natürlich soll mit dieser „Begrifflichkeit“ auch Verwirrung gestiftet, vom Wesentlichen abgelenkt und die wahren Schuldigen verschont werden. Das hat uns der islamische Terroranschlag von Paris wieder deutlich gemacht.

Fast überall ist nur noch von einem „Terroranschlag“ die Rede (siehe Google-Grafik), als ob irgendwelche gottlosen Irren unterwegs wären, bloß damit sich der enge, weil naturgegebene Zusammenhang zwischen Islam und Terror nicht allzu sehr in das Bewusstsein der Leser einprägen kann.

Nur wenn es darum geht, die Islamisierung Europas voranzutreiben, kennt die Fantasie der Journalisten keine Grenzen. Da ist dann die Rede von „Dschihadisten“ „Gotteskriegern“, „Islamisten“, „Salafisten“. Differenzierung bis ins letzte Glied. Klingt ja auch besser als „Muslime“, oder?

Es ist leider so und unter diesen politischen Verhältnissen auch nicht mehr abzuwenden: Immer mehr Journalisten machen sich zu Tatsachenfälschern und wundern sich, dass sie als Vertreter der „Lügenpresse“ beschimpft werden – wobei wir dann schon beim nächsten durchgekauten Begriff wären.

*) Der Berufsjournalist Thomas Böhm ist Chefredakteur des Mediendienstes „Journalistenwatch“ und ständiger Kolumnist bei conservo

http://www.conservo.wordpress.com

20.11.2015

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