Von Peter Helmes
JouWatch-Böhm´s Satire realisiert sich im wahren Parlaments-Leben
Das Leben schreibt die besten Satiren, selbst wenn sie todtraurig sind. Ich habe das Böhm meines Freundes Thomas Böhm mehr als einmal gelesen und blättere immer ´mal wieder drin. Unglaubliches beschreibt da der Autor. Und man denkt auch „unglaublich!“
Bei ihm weiß man selten, welcher Böhm da gerade schreibt – der Ernste, der Satirische oder der Analytische in ihm. Schlimmer noch: Er hat die Gabe, alle drei Charaktere zusammenzufassen oder – vice versa – gegeneinander auszuspielen. Sprachspiele sind seine Leidenschaft, Angriffslust seine tägliche Motivation. Er ist ein Meister der Feder und ein Meister der Satire.
Ein bißchen Spaß muß sein, hatte sich Böhm gedacht, als er sein Buch über „das Parlament der Tiere“ verfaßte. Gerade in der ewigen politischen Auseinandersetzung erheitert eine Prise Fröhlichkeit die erhitzten Gemüter. Auch im grauen-vollen Alltag darf der Witz nicht fehlen, ansonsten würden wir alle verbittern. Humor und Ironie sind die Zutaten, die verhindern, daß unser Verstand austrocknet. Gewürzt mit einer Prise Schadenfreunde und Lästerei macht das Leben doch erst richtig Laune. Wer sich und die anderen immer nur bierernst nimmt, macht sich letztendlich lächerlich. Satire darf alles und sich selbst dabei auch nicht ausnehmen.
Ein bestialischer Angriff auf den Bundestag! Die Neuauflage seines „tierischen“ Polit-Thrillers ist die beste Visitenkarte des Thomas Böhm, die ich Ihnen, liebe Leser, hiermit wärmstens empfehle. Sein Buch ist nämlich ein bestialischer Angriff auf den Bundestag! Was aber Böhm nicht ahnen konnte:
Die Wirklichkeit hat seine Satire längst überholt! Lesen Sie, wie „das Parlament“ mit einer zugelassenen, erfolgreichen Partei umspringt – und damit einen großen Teil der Wähler verprellt:
Gauland: „Parlamentarische Demokratie nur noch eine Farce“ In einem Gastbeitrag in der „Welt“ erklärt uns der AfD-Politiker Alexander Gauland, warum unsere so hoch gelobte parlamentarische Demokratie mittlerweile nur noch eine Farce ist und von den Systemparteien zweckentfremdet wird:
„Die AfD wird von allen ausgegrenzt. Ihre Anträge werden nicht diskutiert, sondern im Brandenburger Landtag von einem Redner einer Partei für alle anderen verworfen. Besonders pikant ist das, wenn sich die CDU dabei von der Linken vertreten lässt…
…Die AfD-Vorschläge werden auch dann abgelehnt, wenn sie Positionen anderer Fraktionen aufnehmen oder unumstritten sind. Der Parlamentarismus, wie er zurzeit praktiziert wird, ist kein Transmissionsriemen gesellschaftlicher Veränderungen mehr. Er zementiert allein die Macht der Herrschenden. Schon deshalb müssen wir an das Volk appellieren.
Das ist keine Pflichtvergessenheit, sondern die innere Notwendigkeit eines ungleichen Kampfes. Längst haben sich politische und mediale Eliten in diesem Land verselbständigt, wird in den Parlamenten entschieden, was sie für richtig und alternativlos halten. Es mag kein Volk außerhalb der Verfassung geben, aber es gibt ein Volk außerhalb der politischen Entscheidungsmechanismen des delegitimierten Parlamentarismus, dessen Stimme wir sind.
In Brandenburg hat die AfD kürzlich die Zerstörung eines bedeutenden, ja nach Ansicht der Archäologen einmaligen Bodendenkmals durch ein unsinniges Wasserrückhaltebecken zu verhindern versucht. Das Thema hatte nichts mit Flüchtlingen und nichts mit irgendeiner Ideologie zu tun. Die Menschen vor Ort waren und sind auf unserer Seite. Im Parlament wurde das Anliegen durch alle anderen Parteien geschlossen verworfen. Nicht die Sache war entscheidend, sondern allein der Antragsteller.
Solange ein solches Verhalten Teil der täglichen Ausgrenzungsstrategie der Altparteien ist, ist der Parlamentarismus disfunktional und für die AfD besteht die Notwendigkeit, einen außerparlamentarischen Resonanzboden für ihre politischen Positionen zu suchen.
Nicht wir sind die Halunken im Staatssold, sondern diejenigen, die den demokratischen Meinungskampf mit Macht verhindern wollen. Die AfD würde gern zu Edmund Burke zurückkehren. Das setzt allerdings voraus, dass sich die anderen Parteien vom Geist der Volkskammer lösen.“ (http://www.welt.de/debatte/kommentare/article153763539/AfD-muss-davon-ausgehen-dass-ihre-Arbeit-nichts-bewegt.html)
JouWatch-Autor Thomas Böhm hat in seinem Buch „Das Parlament der Tiere“ dieses bürgerfeindliche System bereits vorher schon aufs Korn genommen. Hier ein Auszug:
„…Die konstituierende Parlamentssitzung fand bereits am nächsten Morgen statt. Um Offenheit und Transparenz zu demonstrieren, hatte der Platzhirsch die Computermaus beauftragt, ein Standbild aus dem Affenzirkus an die Leinwand auf dem Hirschplatz zu projizieren.
Die Planschkuh persönlich begrüßte mit einem Schwall heißer und übel riechender Luft die Abgeordneten an der Eingangstür. Außerdem filzte sie alle durch und überreichte jedem einen Filzstift, einen Filzhut und die passenden Filzpantoffeln dazu.
Das Parlament wurde von einer künstlichen Sonne verstrahlt. Doch das Wappentier, das zu diesem Anlass fein herausgeputzt war, hatte sich vor Beginn der Sitzung aufgehängt. Um seinen Hals hing ein Schild, auf dem „Nicht schon wieder!“ zu lesen war.
Keiner wusste so recht, worauf das Wappentier damit anspielte, aber der Platzhirsch beruhigte die Abgeordneten.
„Kein Problem, liebe Leute“, verkündete er. „Ich habe gestern in einem Bunker einen Reichsadler entdeckt. Wenn der Laden hier flutscht, werden wir den einfach aufhängen.“
Nach einer Schweigeminute konnte die Sitzung schließlich beginnen.
Von allen unbemerkt, hatte sich die Eintagsfliege im Dachgebälk versteckt und lauschte nun aufmerksam dieser Veranstaltung. Mit Schrecken stellte sie fest, dass noch jemand die Sitzung mit Spannung verfolgte. Es war der Floh, der sich heimlich aus dem Ohr seines Wirtes davongeschlichen hatte, um sich in dieser illustren Gesellschaft ein neues Zuhause zu suchen. Er hüpfte munter den Plenarsaal rauf und runter.
Zuerst mussten die Anwesenden den Amtseid leisten. Da für alle Abgeordnete nur ein einziger Eid vorgesehen war, war der Andrang entsprechend groß.
„Das ist mein Eid!“, brüllte der Kampfhund, der sich den Eid als Erster unter den Nagel reißen wollte.
„Ich glaub, mein Hamster bohnert! Von wegen dein Eid, das ist mein Eid“, quiekte das Frontschwein und riss dem Kampfhund den Eid wieder aus den Pfoten. Im Nu entstand ein Gerangel. Das Gezeter und Geschrei wurde immer größer, bis der Platzhirsch mit den Hufen auf das Rednerpult polterte und energisch um Ruhe bat. Die Zivilbullen, die als Saalordner abgestellt worden waren, zerrten auf seinen Befehl hin die Kontrahenten auseinander und brachten sie auf ihre Plätze zurück.
„Ich werde den Eid jetzt kommissarisch verwalten“, gab der Platzhirsch bekannt. „Einer nach dem anderen wird nun zu mir kommen und schwören. Das sollte reichen.“
Anschließend stand die Wahl des Parlamentspräsidenten auf der Tagesordnung. Der Platzhirsch hatte seine Kandidatur bereits angemeldet, einen Gegenkandidaten gab es nicht.
Er wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt, machte sich sofort daran, die Plätze zu verteilen und gab folgende Verlautbarungen ab:
„Wie ihr seht, sind eure Sitze etwas kleiner und tiefer gelegt als meiner. Das soll keine Herabwürdigung sein. Das soll mir einfach nur einen besseren Überblick verschaffen. Wer etwas zu sagen hat, kann ja aufstehen.
Für unsere demokratischen Mitwirkenden von der Opposition sind die Hinterbänke vorgesehen. Es handelt sich hierbei um eine Sonderanfertigung. Die Lehnen sind so gebaut, dass ihr euer Rückgrat verbiegen müsst, um bequem zu sitzen.
Im hinteren Raum befinden sich die Schließfächer. Sie sind großzügig angelegt. Hier können wir alle unsere Taschen hinein- stellen, nachdem wir sie uns vollgestopft haben. Eine Kantine hat unser Affenzirkus auch. Da es sich aber um eine politische Institution handelt, ist das hier ein Selbstbedienungsladen. Seid ihr damit einverstanden?“
Abgenickt, selbst von den Abgeordneten der Opposition. Der Frechdachs hatte vorsorglich sogar gleich mehrere Koffer mitgebracht.
„Kommen wir nun zur Hausordnung. Auch die muss geregelt werden, um dieses Parlament arbeitsfähig zu halten. Ich lese euch jetzt die 10 Gebote vor, die anschließend als Gesamtpaket zur Abstimmung stehen:
Das erste Gebot Ich bin der Herr dieses Parlaments. Du sollst keine anderen Parlamentspräsidenten haben neben mir!
Das zweite Gebot Du solltest meinen Namen nicht missbrauchen, sonst missbrauche ich dich auch, aber dann richtig!
Das dritte Gebot Du sollst den Sitzungstag heiligen, auch wenn du in der hintersten Reihe verbleiben musst!
Das vierte Gebot Du sollst deine Regierung und deine Minister ehren!
Das fünfte Gebot Du sollst nicht töten, es sei denn, die Regierung hat dich damit beauftragt!
Das sechste Gebot Du sollst nicht dein Wort brechen, es sei denn, du musst kotzen.
Das siebte Gebot Du sollst nicht stehlen, es sei denn, es ist politisch gewollt und trifft lediglich das Tiervolk!
Das achte Gebot Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deine Regierung!
Das neunte Gebot Du sollst nicht begehren einen Regierungsposten, es sei denn, ich habe ihn dir versprochen!
Das zehnte Gebot Wer gegen eines oder mehrere der 9 Gebote verstößt, wird des Parlaments verwiesen und bekommt Hausverbot.“
Es folgte eine weitere Schweigeminute.
Nur der Spaßvogel konnte seinen Schnabel nicht halten. „Das ist doch hier alles ein schlechter Witz. Irgendwie menschelt unser großer Vorsitzender zunehmend“, flüsterte er der Lachmöwe zu.
Doch auch die beiden stimmten der Hausordnung zu. Der Galgenvogel hatte sich zu diesem Zweck direkt hinter ihnen platziert.
Der Platzhirsch war jetzt nicht mehr aufzuhalten. Sichtlich genoss er seinen Auftritt und fuhr fort:
„Befassen wir uns jetzt mit einem weiteren wichtigen Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung. Wir alle sitzen hier, um die parlamentarische Demokratie zum Wohle unserer Tierheit auf dieser unserer menschverlassenen Erde endlich in Gang zu setzen, zu verbreiten und zu schützen. Das kostet viel Arbeit, Energie und Zeit und muss deshalb bezahlt werden. Wie ihr wisst, hat jeder Wähler, der seine Stimme abgegeben hat, einen Sack Futter erhalten. So gesehen schuldet uns das Stimmvieh etwas. Und deshalb sollte es uns für diese Mildtätigkeit entlohnen. Ich gehe mal davon aus, dass ihr das genauso seht.“
Zustimmendes Gemurmel, einzelner Applaus, keine Widerrede.
„Die zweibeinigen Politiker – Gott oder weiß der Geier wer, hab‘ sie selig! – haben dafür den Begriff „Diäten“ eingeführt. Ich finde, das ist ein hervorragender Name. Auch wir werden unser Volk auf „Diät“ setzen. Das ist gesund, das hält fit und stimmt uns froh. Deshalb muss uns ab morgen jedes Tier einmal im Monat einen Tropfen seines eigenen Blutes abzweigen, als Zeichen seines demokratischen Willens und seiner Ehrerbietung gegenüber dem Staat. Damit sich das aber ein wenig leckerer anhört, werden wir das nach außen hin als Steuer verkaufen. Das wird das Stimmvieh schon schlucken. Schließlich haben wir sie auf die Arche gelockt. Und was braucht eine Arche, damit sie das Volk bei Sturm und Flut in den sicheren Hafen der gerechten Gesellschaft führt? Einen Steuermann. Und was braucht ein Steuermann? Die Steuer.“
„Klingt logisch und wirklich äußerst schmackhaft“, pflichtete der Salonlöwe bei und leckte sich die Schnauze.
„Aber was sollen wir mit dem Aderlass machen?“, fragte der Hornochse. „Ich zum Beispiel bin Vegetarier. Ich mag kein Blut.“
„Gut, dass du gefragt hast“, meinte der Platzhirsch und schickte den Kampfhund und das Frontschwein nach draußen. „Du musst das Blut nicht trinken. Wir werden ein Blutbad einrichten, uns in den Sitzungspausen darin vergnügen und den Inhalt anschließend auf einer Blutbank deponieren. Es läuft ja immer wieder frisches Blut nach.“
„Aber irgendwann besteht unser Volk dann doch nur noch aus blutleeren Geschöpfen“, warf der schlaue Fuchs ein.
„Wir werden natürlich darauf achten, dass unser Volk nicht bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt wird“, erwiderte der Platzhirsch.
„Ist das nun teuflisch oder genial?“ fragte der Spaßvogel die Lachmöwe leise.
„Keine Ahnung, auf jeden Fall klingt das ziemlich ernst“, flüsterte die Lachmöwe zurück.
„Und wer soll das ganze Blut abzapfen?“, fragte der Blindfisch.
In diesem Moment ging die Tür auf, der Kampfhund und das Frontschwein betraten wieder den Sitzungssaal. An zwei Ketten zogen sie einen hundsgemeinen Holzbock hinter sich her.
„Darf ich vorstellen? Das ist unser Steuereintreiber“, gab der Platzhirsch bekannt. „Die Made im Speck hat ihn gezähmt und konditioniert. Ab morgen kann jeder Bürger zu ihm kommen und sich Blut abnehmen lassen. Wer das aus irgendwelchen Gründen nicht schaffen sollte, darf sich über einen nächtlichen Hausbesuch freuen. Wer stimmt nun für diesen Antrag?“
Alle Mann im Boot.
„Wunderbar, vielen Dank. Dann wäre das geklärt. Kommen wir nun zum Schluss und zum Höhepunkt unserer heutigen Sitzung. Reden wir jetzt über den Staatshaushalt. Mit ihrer Stimme haben die Wähler auch die Verantwortung für ihr Leben in unsere Pfoten gelegt. Das heißt, dass wir für sämtliche Bereiche ihres Alltags zuständig sind und die Regeln bestimmen. Wir sind für den Straßen- und Geschlechtsverkehr zuständig. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Tiere den Bauch vollschlagen können. Wir werden ihnen Unterschlupf gewähren und uns um den Nachwuchs kümmern. Ich schlage deshalb vor, dass meine Minister uns morgen früh ihre Gesetzesvorschläge einbringen. Wir werden über diese dann hier im Plenum die Abstimmung durchführen. Bis dahin wird unser Amtsschimmel aber erst mal alles verbieten, was bislang erlaubt war. Denn nur, wenn wir bei null anfangen, geht es wirklich vorwärts. Der Kampfhund wird mit seinem Regiment überall Verbotsschilder aufstellen und alles überwachen. Damit unser Tiervolk den Spaß am Leben dennoch nicht verliert, spendieren wir gleichzeitig jedem einen Gürtel mit ganz viel Löchern. Aus Kunstleder versteht sich.“
„Schon wieder ein Geschenk“, stöhnte das Sparschwein. „Was sollen die Tiere denn mit einem Gürtel?“
„Den sollen sie sich enger schnallen. Das betont die Figur und sie können sich auf die Zukunft vorbereiten. So, das wär’s erst mal für heute! Ich beende hiermit die Sitzung und bedanke mich herzlich fürs Mitmachen.“
„Hast du nicht noch was vergessen?“, flüsterte das Zugpferd seinem Reiter ins Ohr.
„Ach, herrje! Wie konnte ich nur!“, raunte der Platzhirsch zurück und sagte dann laut:
„Bevor ihr euch nun alle nach Hause bewegt, möchte ich noch eines loswerden: Wir alle wissen, dass von uns nun die Zukunft der Tierwelt abhängt. Ich betrachte deshalb diesen Tag als ein historisches Ereignis. Und was benötigt man, um so ein historisches Ereignis auch noch den Generationen, die nach uns kommen, ins Bewusstsein zu impfen? Genau, einen Gedenktag! Wir werden hier und jetzt beschließen, dass der heutige Tag für immer und alle Zeiten ein Gedenktag wird. Allerdings ein Gedenktag, an dem nicht gefeiert, sondern ehrfürchtig geschwiegen wird – auch, um dem fortan schweigenden Stimmvieh zu huldigen. Wir werden den Gedenktag als Tag der tierischen Demokratie in den ewigen Kalender eintragen. Ein entsprechendes Denkmal ist bereits auf dem Hirschplatz errichtet worden. Wer stimmt dafür?“
Keine Reaktion.
„Dankeschön! Euer Schweigen betrachte ich als Zustimmung. Und nun macht euch noch einen schönen Tag!“
Nachsatz von Peter Helmes: Unbedingt das ganze Buch von Thomas Böhm lesen! Es ist ein Mordslesevergnügen.
Hier kann man das Buch bestellen
www.conservo.wordpress.com
- März 2016